Mittwoch, 30. Dezember 2009

Champagnerlaune

Wenn Sie, wie ich, etwas Grün (oder sogar viel Grün?) sind dann sollte Ihnen, wie mir, die "save water, drink champagne"-Kampagne gerade aus dem Herzen sprechen. Heute habe ich, vermutlich aus aktuellem Anlass, in der Zeitung LE TEMPS einen Artikel über Champagner gelesen. Darin nähert sich der Schreiberling diesem wundersamen Wein von der chemisch-physikalischen Seite. Kein anderes Getränk hat so viel Anziehungskraft auf die Schönen und Reichen dieser Welt, kein anderes Getränk wird so mit Liebe (auch der käuflichen), Lust und Leidenschaft in Verbindung gebracht, kein anderes Getränk wird auch aus all diesen Gründen so gemieden. Aber bringen wir doch mal ein paar Fakten aus obenzitiertem Artikel um die Diskussion etwas zu versachlichen:

Wussten Sie, dass
  • 80% der Kohlensäure sich beim Entkorken verflüchtigen?
  • eine Flasche Champagner 12 Gramm CO2 beinhaltet?
  • der Korken mit 40km/h davonfliegt?
  • der Champagner viel schöner perlt, wenn die Gläser von Hand getrocknet wurden?
  • es 100 Millionen Bläschen braucht, damit die ganze Kohlensäure weg ist?
  • die Bläschen reinste Geschmacksverstärker sind?
  • Lippenstift und Erdnüsschen dem Champagner den Geschmack rauben?
  • der (Silber)-Löffel im Flaschenhals den Champagner kein bisschen konserviert?
Und wenn Sie jetzt noch immer kein begeisterter Champagnerfreund sind, dann nur aus einem Grund: Sie haben noch nie einen richtig guten Champagner getrunken; behaupte ich. Keinen industriell hergestellten (Sie essen ja auch keine Tiefkühlpizza, auch nicht von Feinkost Käfer oder Fine food, oder?), sondern einen artisanal hergestellten, von einem kleinen Produzenten. Zum Beispiel von Jacques Beaufort in Ambonnay. Der Mann ist ein wahrer Künstler, eine lebende Legende. Was van Gogh der Malerei, ist Beaufort dem Champagner. Seine Weine gehen über die organoleptische Perfektion hinaus, sind reine Lobpreisung der Sinne. Unwiderstehlich.

Ich wünsche Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, ein unwiderstehliches 2010 in bester Champagnerlaune! Mit viel Glück, Erfolg, Gesundheit, persönlichem Wohlergehen und Frieden!

Montag, 28. Dezember 2009

Chocolat

Foto: Yanik Chauvin - Fotolia.com

Nach langen Wochen harter Arbeit kommen die Festtage sehr gelegen, um im Kreise der Familie wieder ein wenig aufzutanken und die Schokoladeseiten des Lebens zu geniessen. Ausschlafen, Zeit haben zum Diskutieren, zum Lesen, zum Spazieren, zum gemeinsam Kochen und Geniessen. Genussvolles Schlemmen. Weihnachtsguetzli bis zum Abwinken. Da lob ich mir mein tägliches Stück Schokolade zum Kaffee. Und, gemäss einem Artikel, erschienen am 23. Dezember in der NZZ, ist eine tägliche Dosis von 10 Gramm dunkler (!) Schokolade der Gesundheit durchaus förderlich (auch wenn nichts mit 100% Sicherheit bewiesen ist; aber brauchen wir denn immer für alles und jedes Beweise?). Nun ertappe ich mich selber schon dabei, Gesundheit als Argument ins Feld zu führen. Dabei wollte ich doch von diesem Gesundheitswahn, in dem unsere heutige Gesellschaft steckt, ein wenig Abstand nehmen ... Schmecken soll's! Geniessen soll man, das Leben in vollen Zügen, jeden Augenblick. Hier und jetzt. Reue bringt nichts. Ich wünsche Ihnen genussvolle Festtage!
P.s.: Feinste dunkle Schokolade finden Sie auch in meiner boutique gourmande, natürlich auch zum Essen ...

Dienstag, 9. Juni 2009

Gut Ding will Weile haben ...


Das Ziel, ich geb's zu, war ziemlich ambitiös: Jeden Tag einen Eintrag in meinem Blog. Das ist viel Arbeit. Mehr vor allem, als ich mir dachte. Denn nebst dem bloggen gilt es noch neue Produkte zu suchen und zu finden (so geschehen z.B. an der Foire Eco bio in Colmar vom 22. Mai), meine Website fertig zu stellen (mit Tipps, Anwendungsbeispielen und Rezepten rund um meine Produkte), die Presseinfo zu erstellen, Wiederverkäufer zu finden (Läden und Restaurants), bei Slow food mitzumachen, in der Schulpflege aktiv zu sein, den Haushalt (einigermassen) führen und, last but not least, sich Zeit nehmen für unsere Tochter Angélique. Gestern schrieb mir ein alter Freund, den ich seit zwanzig Jahren aus den Augen verloren habe: "Möchte eigenlich nicht mit irgendwas tauschen, einzig mehr Zeit haben wäre schön." Tja, geht mir auch so, lieber Stefan.

Letzten Sonntag haben wir, meine Frau und ich, uns endlich mal die Zeit genommen um den Keller aufzuräumen. Die Hälfte ist weg. Das schafft Luft und tut gut (zwischendurch bin ich dann immer wieder mal hochgerannt um zu schauen, wie weit Federer schon ist). Neben ganz viel Altlasten habe ich dann auch noch einen Schatz gehoben, den ich glaubt, vollständig verschenkt zu haben: Drei Flaschen 96er Madiran von Alain Brumont, Château Bouscassé. Ich glaube, den sollte man langsam geniessen. Dieses Ding hat nun genug Weile gehabt und da Genuss das einzige ist das sich verdoppelt, wenn man es teilt lade ich jemanden von meinen LeserInnen ein, diesen Wein zusammen zu geniessen. Schreiben Sie mir einfach. Der/Die erste die sich meldet ist herzlich willkommen zu einem feinen Abendessen in Begleitung eines 96er Madirans.

Lassen wir den Dingen Ihren Lauf und geniessen das Leben. Der nächste Blogeintrag kommt bestimmt!

Mittwoch, 20. Mai 2009

Arganöl I


Heute möchte ich mich mit dem Thema Arganöl befassen. Obwohl man dazu schon Bücher schreiben könnte versuche ich, mich kurz zu fassen. Das wichtigste vorab:

Arganöl, sei es noch so teuer, noch so günstig, sei es aus dem Coop, Migros oder einem Bioladen ist absolut nichts wert, wenn es in einer glasklaren Flasche verkauft wird. Denn in diesen oxidiert das Öl und verliert damit in nur zwei Wochen seine wertvollen Qualitäten.

Arganöl wird aus den Kernen des Arganbaumes gewonnen. Der Arganbaum wuchs schon vor mehr als 25 Millionen Jahren und bedeckte einst grosse Flächen Nordafrikas und Südeuropas. Zurzeit gibt es nur noch etwa 20 Millionen Arganbäume die nur in einer begrenzten Region im Südwesten Marokkos wachsen. Weil der Eisenholzbaum den Boden bis in eine Tiefe von 30 Metern durchwurzelt, kommt er auch mit extremen Trockenperioden zurecht. Aufgrund ihrer Bedeutung sind die Arganhaine von der UNESCO als Biosphären-Reservat geschützt. Trotz dieser Erklärung wird der Arganbaum abgeholzt. Den Berbern (Amazigh) fehlt eine ernsthafte Alternative, die ihre Lebensumstände spürbar und nachhaltig verbessert. Frauenkooperativen wurden gegründet um diese Lücke zu füllen. Leider sind diese meist autokratisch organisiert und entfernt von der Philosophie ihrer Gründung: die Amazigh-Frauen zu unterstützen ...

Die Früchte wachsen in den dornigen Ästen und enthalten ein bis zwei relativ kleine Samenkerne, die sogenannten Arganmandeln. Die Kerne der Arganmandeln werden vor dem Pressen kurz geröstet. Ein perfektes Röstverfahren der Arganmandeln ist deshalb so wichtig, weil sonst Gesundheit gefährdende Verbindungen wie Benzo(a)pyren entstehen können. Anschliessend werden die Mandeln gepresst, bzw. gemahlen und nur in der traditionellen, auwändigen Handpressung (s. Foto) erhalten Sie ein absolutes Topöl.

Gourmetköche schätzen die feinnussige Note des Arganöls, nicht nur als Marinade, auf Salaten, zu Fisch, Fleisch, Geflügel und Pasta, sondern auch in süssen Speisen. Am besten gibt man einen Schuss Arganöl nach dem Kochen zum Essen, um seine kostbaren Inhaltsstoffe ganz zu erhalten. Arganöl enthält mehr als 80 % ungesättigte Fettsäuren (dabei 35 % Omega 6 Fettsäuren), deshalb hat das Öl blutfettsinkende Wirkung.

Donnerstag, 30. April 2009

endlich!

Es ist geschafft: Mein neuer Katalog ist versandbereit, meine Website up to date (auch wenn es hier noch viel zu tun gibt). Die letzten Wochen waren sehr intensiv aber das Resultat lässt sich sehen. Und jetzt hab ich endlich wieder Zeit Beiträge zu schreiben über Produkte und Produzenten, über Weine und alles Feine, über Sinn-volles, sinn-loses und sinn-liches. Denn gutes Essen und feiner Wein haben durchaus eine sinnliche Komponente.

Je länger ich mich mit Delikatessen beschäftige, die regional, saisonal, biologisch bzw. ökologisch und nachhaltig produziert wurden, die von exzellenter Qualität sind, desto mehr drängt sich mir das Bedürnis nach einem Wort auf, welches all diese Eigenschaften umfasst. Damit ich nicht jedesmal mit drei, vier Sätzen erklären muss, was denn das Spezielle an meinen Produkten ist (Leider haben die Leute heute keine Zeit mehr, solange zuzuhören ...). Slow (von slow food) wäre so ein Wort, auch wenn die Notion "bio" für mich zu wenig gewichtet ist und das Wort (noch) nicht selbsterklärend ist. Zudem ist es eine Marke welche nicht einfach so verwendet werden kann. Ein anderes Wort wäre preiswertvoll. Denn meine Produkte sind ihren Preis wert und voll von Werten. Hmmm, mal überlegen. Ist das genügend selbsterklärend? Nein, nicht unbedingt, denn die Werte sind nicht auf den ersten Blick klar ersichtlich. Vielleicht braucht es gar eine neue Wortkreation. Affaire à suivre, wie man auf französisch sagt oder mal schauen. Vielleicht haben ja auch Sie eine zündende Idee?

Ich wünsche Ihnen, liebe Feinschmeckerin, lieber Gourmetfreund, ein sonniges, erholsames und leckeres Wochenende.

Freitag, 20. März 2009

Olivenöl Fortsetzung und Schluss














Wieviel kostet eigentlich ein gutes Olivenöl extra vergine? CHF 8.- der Liter wie jenes aus der Plastikflasche im orangefarbenen Grossverteiler das so wunderbar nach frisch geschnittenem Gras, Oliven und Äpfeln duftet? CHF 65.- der halbe Liter wie jenes in der geschliffenen Kristallglasflasche in der Delikatessenabteilung eines Zürcher Warenhauses?

Es gibt viele Erklärungen für die enormen Preisunterschiede. Beim günstigen ist es vermutlich ein mit Lösungsmitteln extrahiertes Olivenöl, dem extra vergine Öl beigefügt wird bis es den richtigen Säuregrad hat um anschliessend parfümiert (und manchmal auch koloriert) zu werden. Beim anderen ist es der Name, die Rarheit, die Kristallglasflasche und das Geltungsbedürfnis des Käufers.

Dazwischen liegt ein breites Band von Möglichkeiten. Die biologischen Öle sind sicher mal aufwendiger in der Produktion der Oliven. Es braucht mehr Handarbeit. Im weiteren, und das ist ein wichtiger Punkt, gibt es Jahre, in denen kein Öl produziert werden kann weil die Oliven durch Schädlinge oder Frost kaputt gegangen sind. Diese - GottseiDank - seltenen Jahre muss der Produzent überleben können.

Dann kann es sein, dass in ultramoderne Mühlen investiert wurde die verhindern, dass ein Oxidationsprozess stattfindet. Das Marketing kostet auch etwas. Die Zertifizierung. Hierbei sollte der Kunde wissen, dass jede Masseinheit separat zertifiziert werden muss, also die Halbliter-Flasche, die Liter-Flasche, der 5-l-Kanister und so weiter. Oft können sich die kleinen Bauern dies gar nicht leisten. Im weiteren gibt es zum Beispiel das Tropföl. Das ist Öl das gar nicht gepresst wurde sondern lediglich vom eigenen Druck aus der Maische tropft. Meist kommt dies gar nicht in den Handel sondern bleibt beim Produzenten.

Hier noch ein bisschen Zahlen:
CHF 8.- Produktionskosten der Oliven (Verschnitt der Bäume, Gras mähen, etc.)
CHF 10.- Pflücken (In 8h pflückt ein Angestellter ca. 150 kg Oliven. Dies entspricht etwa 20 l Öl)
CHF 8.- fürs Pressen, filtrieren und abfüllen (inkl. Kosten der Flaschen und Etiketten)
CHF 4.- Administration (Qualitätskontrolle, Zertifizierung, Buchhaltung, etc.)

macht einen Literpreis von CHF 28.-. Darin fehlen noch die Ausgaben für Erwerb des Landes, für den eigenen Lohn, Amortisation der Maschinen, Traktoren, Motorsägen, Versicherung, Ausfallentschädigung, etc.).

Dann kommt dazu der Transport in die Schweiz. Die Zollgebühren und Abgaben für die RéserveSuisse (das Pflichtlager). Die Marketingkosten in der Schweiz (Katalog, Degustationen, Muster) und mein eigener Gewinn.

Ich kann Ihnen, werte Leserin, werter Leser, also mit gutem Gewissen sagen. Ein italienisches Olivenöl extra vergine, das weniger als CHF 20.- der halbe Liter kostet ist nichts wert. Es kann durchaus gut schmecken. Aber Sie möchten ja auch einen Wert für Ihr liebes Geld, oder? Oder es kommt aus Spanien. Dort sind sie bis zur Hälfe billiger.

Donnerstag, 19. März 2009

Olivenöl














Trotz Stau vor dem Bareggtunnel sind wir gerade noch rechzeitig gekommen um die in der Genusswerkstatt vorgestellten Olivenöle zu degustieren. Das war interessant. Auch die Ausführungen des Referenten. Die Italiener sind Weltmeister im Olivenöl vermarkten. Die Spanier hinken da bös hintennach, obwohl sie vielmehr Öl produzieren. Selbstverständlich sprechen wir hier nur und ausschliesslich vom extra vergine, kaltgepressten, extra vierge. Die Franzosen verkaufen ihr flüssiges Gold lieber an einheimische Kunden und sind nicht sehr exportorientiert.

Das ist wahr. An der BioFach in Nürnberg war eine Olivenölbar mit rund 200 verschiedenen Ölen. Kein einziges aus Frankreich. Und was die Spanier betrifft: Da habe ich eines gefunden, welches wirklich exzellent schmeckt. Gerne hätte ich Ihnen dieses angeboten. Mindestbestellmenge (ausnahmsweise!): 420 l. normalerweise beträgt sie das doppelte. Tut mir leid, aber eine solche Menge kann ich nicht innert nützlicher Frist verkaufen. Oder, vielleicht: Haben Sie Interesse an 400 l Olivenöl aus Spanien? Der Preis ist sehr interessant: Halb so viel wie in Italien. Wie das? Kostet in Spanien alles halb so viel. Zahlen wir in Italien das weltmeisterliche Marketing mit?

Nur in einem Punkt war ich mit dem Referenten nicht einig: Es gibt fantastische Olivenöle aus der Toscana, die weder von einem Weingut so nebenher produziert werden noch von Kooperativen stammen. Das ist wichtig, da wir genau wissen wollen, woher unser Öl kommt, wie es produziert wurde, welche Anbaumethoden gewählt wurden, welches die Philosophie dahinter ist: Da ist zum Beispiel das Öl von Tiziana und Andrea Menichetti.

Seit zwanzig Jahren widmen sie sich mit größter Sorgfalt ihrem Gut FORRA’ PRUNO. Schon seit Beginn behandeln sie ihre rund 1000 uralten Olivenbäume der Sorte Moraiolo, ihr Obst und Gemüse rein biologisch. Mit besonderer Nachhaltigkeit engagieren sie sich für die Wiederherstellung ursprünglicher Arten und geben sich auf die Suche nach althergebrachten Früchten unseres Bodens, um die typische Biodiversität ihrer Gegend, des Montalbano, zu erhalten. Ihr Ziel ist es, dank ständiger und intensiver Recherche ihr Öl und ihre Konserven in bester Qualität herzustellen.

Mittwoch, 11. März 2009

Hommage an Mike van Audenhove














Es ist schwierig für unsagbares Worte zu finden. Ich probiere es trotzdem. Wenn jemand stirbt hat man die Angewohnheit von ihm (dem Menschen) plötzlich in der Vergangenheitsform zu reden. "Er war ein grossartiger Mensch", "Er war jemand der ...". Ich bekunde ein wenig Mühe damit, auch wenn ich mich selber dabei ertappt habe zu sagen: Er war eines meiner Vorbilder. Nein. Er ist es nämlich immer noch. Mike van Audenhove ist eines meiner Vorbilder. Mike lebt.

Man sagt auch, dass jemand in den Herzen weiterlebt. Lassen wir ihn (den Menschen) nicht auch durch die Vergangenheitsform noch ein wenig mehr sterben? Wir wäre es wenn wir weiterhin sagen würden: Mike ist ein sehr offener Mensch? Haben wir dann nicht das Gefühl, er sei immer noch hier? Ist er doch auch, oder? Er ist immer noch präsent. Lediglich sein Körper weilt nicht mehr unter uns. Aber den Geist von Mike, den spüren wir doch noch, oder?

Jemand hat geschrieben, er (oder sie) stelle sich vor, Mike sitze jetzt irgendwo auf einer Wolke da oben und zeichne "Heaven by Mike". Diese Idee gefällt mir. Mike lebt. Nicht nur in unseren Herzen.

Mike ist untrennbar mit Zürich verbunden. Mike lebt. Mindestens solange es Zürich gibt.

Mike ist ein guter Musiker. Ich höre ihn, wie er auf seiner Gitarre spielt, neue Griffe übt bis das Stück sitzt. Es ist so richtiger feel good sound. Ein Moment von peace on earth.

Mike ist auch ein Feinschmecker. Die Sensibilität die sich in seinen Comics ausdrückt spürt man bei ihm auch in der Küche. Die Art, wie er den Pastateig auf dem Küchentisch knetet, wie er sein Göttimeitli in die Geheimnisse des Nudelmachens einweiht und wie er das Risotto abschmeckt. Mikes Wahlheimat ist das Tessin. Ich bin sicher, dass nachfolgende Rezept gefällt ihm:

Polenta con Coniglio

Für die Polenta
hacke ich Zwiebeln und lasse sie in ein wenig Butter und Olivenöl goldig werden. Dann lösche ich mit einem Schuss Weisswein ab und lasse ihn verdampfen. In der Zwischenzeit habe ich einen halben Liter Wasser gekocht und ihn mit Gemüsebouillon vermischt. Dazu giesse ich noch einen halben Liter Milch. Das ganze kommt in den Topf mit den Zwiebeln. Wenn die Flüssigkeit kocht, schalte ich die Herdplatte auf die kleinste Hitze und lasse den Maisgriess von Paolo Bassetti langsam in den Topf rieseln, rühre mit der Holzkelle um bis die Masse dick wird und lege den Deckel auf. Von Zeit zu Zeit rühre ich um und gegen Schluss mische ich noch ein grosses Stück Butter unter.

Für die Salsa alla coniglio
hacke ich Zwiebeln und lasse sie in ein wenig Olivenöl goldig werden. Dazu kommt gegen Schluss auch ein wenig Knoblauch. Dann lösche ich mit einem Schuss Weisswein ab und lasse ihn verdampfen. In der Zwischenzeit habe ich ein Glas Tonno di Coniglio "Grigio di Carmagnola" von der Azienda Agricola La Cerea geöffnet und leere den Inhalt zu den Zwiebeln. Dazu kommt noch ein wenig Tomatensugo und ein halbes Blatt Lorbeer. Dies lasse ich nun langsam köcheln. Falls nötig, füge ich noch mehr Sugo dazu.

Anrichten
Die Polenta auf den Teller geben, die Salsa darüber geben. Mit 3-4 (pro Teller) klein gewürfelten Cipolle borettane dekorieren.

Dazu gibts selbstverständlich einen feinen Merlot aus dem Tessin. Lebe wohl, Mike!

Dienstag, 10. März 2009

Seraphino Ambroisie














Das Feuer im Kamin knisterte. Aus der Tasse Li San Oolong stiegen kleine, sich drehende Dampfsäulen und lösten sich langsam auf. Seraphino Ambroisie genoss die rauchige, samtene Stimme von Nat King Cole. Neben dem Grüntee, auf dem Beistelltischchen aus Nussbaumholz, dessen Farbe mit dem Cognac-farbenen Ledersofa harmonierte, lag seine Lieblingszeitung. Soeben legte er sie beiseite, um ein wenig über den letzten Artikel: "Die Schweiz am Ende - am Ende die Schweiz" zu grübeln. So entspann sich Seraphino Ambroisie.

Pulverschnee stäubte davon. In kurzen Schwüngen glitt er durch den jungfräulichen Tiefschnee. Über ihm wölbte sich ein stahlblauer Himmel. Sonnenstrahlen funkelten im Neuschnee. In den Ohren fetzte Aretha Franklin, glasklar. Ein Hochgefühl zerriss fast sein Herz. Seraphino Ambroisie hätte Bäume ausreissen können. Ein Orgasmus an Lebensfreude. So entspann sich Seraphino Ambroisie.

Regen tropfte von den Bäumen. Lange Nebelschwaden krochen über die Berge. Der Waldboden verströmte einen herben Geruch. Ihre Schritte waren auf dem federnden Moos kaum zu hören. Buntes Herbstlaub schmückte die Bäume. Hand in Hand liefen sie durch den Wald. Redeten über Weltbewegendes, über Nebensächliches. Plötzlich entdeckten sie weiter vorne ein Rudel Rehe. Sie ästen genüsslich in einer kleinen Lichtung. Sie blieben stehen. Stille. Nur das unaufhörliche Tropfen des Regens. Ein Reh hob den Kopf, witterte, schaute in ihre Richtung. Aufgeschreckt verschwanden die Rehe im Wald. Von weit her hörten sie den krächzenden Schrei eines Raben. So entspann sich Seraphino Ambroisie.

Vor ihm stand ein dampfender Teller Spaghetti. Links und rechts von ihm wurde geschwatzt. Eines dieser beliebten Spaghetti-Essen im Freundeskreis. Sie diskutierten über Autos, Frauen, Filme, Frauen, Musik, Frauen und vieles andere. Rubinrot funkelte der Clos des Mages im Glas. Soeben trug jemand die Sauce und den Salat auf. Sie redeten, lachten, schnupperten und genossen. Ferrarirot wälzte sich die Tomatensauce wie flüssige Lava über den Spaghettiberg. Herrlich hob sich der würzige, kräftige Duft von Oregano ab. Auch Rosmarinduft lag in der Luft. Das Ganze gipfelte in einem fröhlichen Hauch von Knoblauch. Ihm lief das Wasser im Munde zusammen. So entspann sich Seraphino Ambroisie.

Freitag, 6. März 2009

Hätten Sie's gewusst?











Es gibt nicht nur eine Messe für Slow food, nein, es gibt auch eine Messe für Fast food (welch Horror!). Das schreibt LE TEMPS. Sie fand gestern und vorgestern in der Hauptstadt unseres für kulinarischen Hochgenuss bekannten Nachbarlandes, in Paris, statt. Er erfreute sich grosser Beliebtheit und die Aussteller waren mehr als zufrieden. Denn geht's der Wirtschaft schlecht, boomt das Geschäft mit Sandwiches, Kebabs, Burgers und Frites. In Grossbritannien haben Kentucky Fried Chicken, Domino’s Pizza und McDonald’s Rekordzahlen vermeldet und sind dabei, tausende neuer Arbeitsplätze zu schaffen.

Die Produzenten von Pastastationen, Pizzaöfen und anderen Sandwich-Montagestationen reiben sich die Hände. Aber wie so oft hat die Medaille auch eine Kehrseite: Das traditionelle Bistro mit seinem Drei-Gang-Menu leidet am meisten. Es verschwindet immer mehr und wird durch Ketten im Franchising-System ersetzt. Dass diese nur fetttriefende Cholesterinbomben anbieten gehört der Vergangenheit an. In Paris bietet die Kette Goutü Fit-Sandwiches für 1 Euro an: mit Gurke, Cream Cheese und Pfefferminze und hat damit solch einen Erfolg, dass innerhalb von nur zwei Monaten mehrere Hundert Anfragen für eine Franchisinglizenz eingetroffen sind, von Frankreich über die Schweiz bis Saudi-Arabien.

Unser Essverhalten verändert sich (was es wahrscheinlich schon immer getan hat). Auf der einen Seite hat Fast food im Moment riesigen Erfolg, auf der anderen Seite haben die Gegner, im besonderen die Organisation Slow Food auch immer mehr Zuläufer. Hier von einer Polisierung des Essverhaltes zu sprechen ist in meinen Augen falsch. Ich denke, dass wir je länger je mehr starren Verhaltensmustern untreu werden und einmal hier einen Vegi-Burger verschlingen und einmal dort ein regionales und saisonales Menu in einem Goût-mieux-Restaurant geniessen oder beim Biobauern auf dem Markt frisches Gemüse einkaufen.

Sei wie's sei. Draussen schneit es wieder und ich freue mich nochmals einen feinen Vacherin Mont d'Or zu geniessen (bevor die Saison bald wieder vorbei ist). Mit Knoblauch gespickt und Weisswein begossen im Ofen zum Schmelzen gebracht, hmmmm. In diesen Sinne wünsche ich Ihnen ein feines Wochenende.

Donnerstag, 5. März 2009

Irrungen und Wirrungen









Ganz so einfach ist das Leben als selbsternannter Foodscout ja nicht wie man immer meinen könnte. In der Welt rumreisen, Leute kennenlernen, immer nur feine Sachen testen, feine Weine degustieren, alles in einen Katalog packen und viel Kohle machen. Nein, nein. Zum Beispiel Schokolade. Eigentlich möchte ich meinen Kunden ja gerne eine speziell feine, biologisch und/oder nachhaltig produzierte, von Meisterhand hergestellte Schokolade anbieten. Gar nicht so einfach wie man denkt.

An der BioFach in Nürnberg hab ich einen Produzenten entdeckt, der im französischen Central Massiv arbeitet. Die Schokolade ist bio, ziemlich fein, aber eben nicht von Meisterhand sondern von einem kleinen Industriebetrieb hergestellt. Nach dem Motto: Ehret einheimisches Schaffen, habe ich nach langem Suchen in einem kleinen Winzerdorf am Genfersee eine Meisterhand gefunden. Absolute Extraklasse, kleiner Familienbetrieb, keine Bioschokolade und auch kein Interesse seine Produkte ausser Haus zu verkaufen. Also Anfrage bei einem Schokoladeproduzenten in der Innerschweiz, zwar kein kleiner Familienbetrieb mehr, aber als weltbeste prämierte Schokolade. Und, sie haben auch biologische Schokolade im Sortiment. Leider verkaufen sie nur das Rohprodukt und keine fertigen Schokoladen. Aber, immerhin ein paar Adressen, wo ich von Meisterhand hergestellte Tabletten mit der weltbesten Schokolade finden kann. Als letzte Möglichkeit besteht sonst noch das selbermachen. Aber auch das braucht Erfahrung und Zeit und Material.

Wer weiss, vielleicht finde ich doch noch DIE Schokolade, die es wirklich wert ist, Ihnen angeboten zu werden. Ich hoffe immer noch sehr, Ihnen in meinem Frühlingskatalog der Anfang April erscheinen wird zumindest eine Schokolade präsentieren zu können. "Affaire à suivre" wie man auf französisch sagt ...

Mittwoch, 4. März 2009

Wenn Gedanken Früchte tragen ....











... dann müssen sie vorher auch geblüht haben
. Manchmal hab ich sogar ein ganzes Blütenmeer voll Gedanken im Kopf. Früchte gibt's aber nur, wenn die Gedanken bestäubt werden, z.B. von Bienen. Gedankenbienen? Brummt mir deshalb vielleicht manchmal der Schädel? Jetzt hab ich zwei Möglichkeiten meinen Faden elegant weiterzuspinnen: Entweder ich schreibe was über Honig (Bienen) oder über Wein (Schädelbrummen). Ich probiere beides zu vereinen.

Kennen Sie ithaka? Das ist das neue Journal für Terroirwein, Biodiversität und Klimafarming. Der aktuelle Beitrag hat "Bienen als Pflanzenschützer" zum Titel und beschreibt, wie wichtig Bienen nicht nur zum Bestäuben von Blüten sind sondern auch zur Schädlingsbekämpfung. So sollen allein durch die Schallwellen ihres Flügelschlages Raupen verschreckt und damit am Fraß gehindert werden. Ein überaus spannender Artikel der aufzeigt, wie wichtig es ist, dass (auch) Wein biologisch angebaut wird. Das Anbauen ist eines, wir müssen ihn auch konsumieren. Dazu möchte ich Sie herzlichst einladen. Das hat gute Auswirkungen auf unsere Umwelt und Schädelbrummen bekommen Sie dabei bestimmt nicht. Warum nicht zum Beispiel mit einem Süsswein, der zumindest von seiner Farbe her auch ein wenig an Honig erinnert?

Und zum Thema Honig möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass slow food einen Förderkreis für die dunkle Biene Schweiz geschaffen hat.
Der Honig der Dunklen Biene ist einer der vielfältigsten, da diese Biene eine weit grössere Zahl von Pflanzenarten anfliegt als andere Bienenrassen. Ihr Sammelverhalten verleiht dem Honig eine besondere Ausgewogenheit und ein kräftiges Aroma. Ökologisch wertvoll ist das Flugverhalten der Dunklen Bienen, da die robusten Schweizerinnen im Vergleich zu den eingeführten Rassen auch bei kühlerer Witterung fliegen. Sie sind daher wichtige Bestäuberinnen vieler Wild- und Kulturpflanzen. Unterstützen Sie deshalb nicht nur Weinbauern sondern auch umweltbewusste Imker und probieren Sie doch mal den Schweizer Bienenhonig von slow food. Den gibt's im Coop zu kaufen. Unsere Tochter liebt ihn übrigens heiss!

Montag, 2. März 2009

Süditalien


Nach einem intensiven Wochenende in unserer alten, neuen Heimat, wo ich zwei, drei neue Weine für Sie entdeckt habe (mehr dazu in meinem Frühjahrskatalog von Angang April), bin ich heute zum erstenmal wieder seit ewig langer Zeit in einer Bibliothek gewesen. Mit Erstaunen - und einem gewissen Grad Erleichterung - habe ich festgestellt, dass immer noch alles so ist wie zu meinen Schulzeiten. Es gibt noch immer die Kästchen mit den Karteikarten, es gibt noch das immer das Zahlensystem (7.7 zb. sind Fotobücher) und es gibt immer noch die im Umschlag eingeklebten Zettel mit dem Datumsstempel bis wann das Buch wieder zurück muss.

Selbstverständlich haben sich die Buchtitel geändert und auch meine Interessen. Beim Durchstreifen der Bücherregale ist mir ein Buch ins Auge gesprungen. Ich weiss nicht, ob das am grauen Regentag lag oder am süffigen Grappa, den ich Sonntag getrunken hatte und der mir immer noch irgendwo in den Adern rumgeisterte, auf alle Fälle nahm ich das Buch in meine Hand, ging damit zum Tisch und verbrachte fast eine Stunde damit, darin herumzublättern.

Haben Sie das auch schon mal verspürt beim Lesen eines Buches: Diese unbändige Lust gleich dorthin zu gehen wo die Handlung stattfindet? Es gibt so Lustbücher. Für die einen mögen es historische Romane (das Parfüm) sein, für andere Bücher über Highland Single Malts, für mich sind es Bücher über Süditalien.

Kaum zu Hause hab ich mir eine Scheibe frisches, knuspriges Brot abgeschnitten und ein, zwei Crostini mit Olivenpaste genossen. Meistens braucht es nämlich gar nicht viel und die Welt ist in Ordnung.

Freitag, 27. Februar 2009

Bio?

In meinem gestrigen Beitrag habe ich Ihnen die Frage gestellt, was Sie denn eigentlich von Produkten erwarten, auf denen Bio drauf steht. Dass der Bauer biologisch produziert? Dass dieses Produkt biologisch produziert wurde? Nach welchen Massstäben? Wer sagt, ab wann etwas biologisch ist? Haben die, die bestimmen, was uns als biologisch verkauft werden darf, überhaupt Recht? Und ich komme auf meine Frage zurück: Was erwarten SIE, wenn Sie Bio einkaufen?

Letzten Freitag war ich in Nürnberg an der BioFach. Dort habe ich festgestellt, dass Bio je länger je mehr ein Industriezweig wird, wie jeder andere. Das immer mehr, immer schneller, immer grösser scheint unausrottlich im Menschen verwurzelt zu sein. Bio ist längst nicht nur der idyllische Bauernhof. An der BioFach haben Soja-Produzenten aus China ausgestellt und Photos ihrer Plantagen gezeigt, die ich auch auf einen zweiten Blick nicht von einem konventionellen Betrieb hätte unterscheiden können. Eine biologische, da zertifizierte, Monokultur.

Das ist ganz klar nicht das, was ICH von Bio erwarte. Für mich ist der Gedanke von bio immer auch mit klein verbunden. Ich habe ein vielleicht noch naives Bild von Bio, aber Profitmaximierung hat darin ganz sicher nichts verloren. Bio soll ehrlich sein, klein, überschaubar, kontrollierbar. Mit einem gerechten Preis. Das heisst, dass der Bauer anständig davon leben können soll (was heisst anständig?). Früher hat das Budget für Lebensmittel mehr als die Hälfte des Haushaltsbudgets ausgemacht. Heute sind es weniger als zehn Prozent. Ich fände es wichtig, wenn gutes Essen wieder etwas Wert ist. Denn der Mensch ist, was er isst.

Donnerstag, 26. Februar 2009

Sinn oder Unsinn von Bio-Zertifikaten

Kürzlich hatte ich eine Diskussion betreffend den Biolabels die auf den Produkten kleben und dem Kunden die Gewissheit geben sollen, dass dort, wo Bio drauf steht auch Bio drin ist.
Ich bin der Meinung, dass solche Labels durchaus Sinn machen. Sei es die Knospe von Bio-Suisse, das Bio-Logo der Migros, von Coop oder das Demeter-Label um nur die in der Schweiz bekanntesten zu nennen. Bio ist ja ein richtiges Verkaufsargument geworden und zieht nicht nur mehr die Leute in der Müsliecke an, die mit selbstgestrickten Wollpullovern und Sandalen rumlaufen. Bio steht bald überall drauf und das aus reinen Absatzgründen damit Unfug getrieben wird versteht sich von selbst. Deshalb können solche Labels dem Kunden schon eine gewisse Sicherheit geben.
Aber! Wie überall, wo etwas zum System erhoben wird gibt es auch Systemfehler. Dazu ein kleines Beispiel. Ein Papierproduzent bekommt das FSC-Label wenn mindestens 80% seiner Produktion aus zertifizierten, nachwachsenden Holzbeständen kommen. Das heisst, er könnte neben 4 Paletten mit "sauberem" Papier durchaus auch eine Palette haben, dessen Papier aus nicht nachwachsenden Baum-Monokulturen besteht. Er darf dort das FSC-Label draufkleben. Die einen sagen, immerhin, er produziert dafür 4 Paletten nachhaltiges Papier. Die anderen sagen, ich will sauberes Papier und sicher sein, dass dort, wo FSC drauf steht auch FSC drin ist. Wer hat Recht?
Ich verkaufen zum Beispiel einen Champagner von einem Weinbauern, der seit 1971 total auf jegliche Chemie im Rebberg (und dazu zählt für ihn auch der Einsatz von Kupfer) und im Weinkeller verzichtet. Er behandelt seine Pflanzen, wenn sie mal krank sein sollten, mit homöopathischen Mitteln und, lachen Sie nicht, mit Aromatherapie. Von seinen Berufskollegen lange ausgelacht heimst er seit mehreren Jahren eine Medaille nach der anderen ein. Wenn ich diesen Winzer frage, ob er seinen Champagner nicht zertifizieren wolle, lacht er mir ins Gesicht und fragt mich, wozu? Wozu solle er Geld ausgeben, um Minimalanforderungen aus einem Pflichtenheft zu erfüllen die er schon lange übertrifft, nur um ein Label auf seine Flaschen kleben zu können. Ich sage ihm, dann könne er seine Weine besser verkaufen. Die verkaufen sich auch ohne dieses Label wunderbar, antwortet er, und das zu Preisen die wahrlich nicht günstig sind.

Schlussendlich bleibt "bio" Vertrauenssache. Meine Delikatessen und Weine sind prinzipiell nach biologischen Grundsätzen produziert. Was heisst das nun? Was erwarten Sie denn von einem biologischen Produkt? Für mich ist "bio" eine Lebenseinstellung, eine Art, sich der Natur, der Erde, den Tieren zu nähern. Für jemanden, dessen Ziel es ist, ein wirklich exzellentes Produkt zu kreieren ist es selbstverständlich, dies mit der Natur zu machen und nicht gegen sie. Ich kenne alle meine Produzenten persönlich. Ich war vor Ort und habe mir angeschaut, wie produziert wird. Habe diskutiert über das warum und wieso und kann Ihnen heute meine Produkte mit gutem Gewissen als Bio verkaufen. Bio ist so logisch, dass ich das gar nicht mehr zu erwähnen brauche. Ein paar wenige Produkte biete ich an, die (noch) nicht in Bioqualität sind. Dort vermerke ich dann: "aus konventioneller Produktion".

Ich deklarie meine Produkte nicht klar als biologisch aus dem einfachen Grund, dass der Gesetzgeber sagt, es reicht nicht, wenn ein Produkt im Ausland bio-zertifiziert wurde, der Verkäufer in der Schweiz muss es auch sein. Ich darf also ein von Ecocert in Frankreich zertifiziertes Produkt hier in der Schweiz nicht als Bio verkaufen, wenn ich mich nicht auch selber von Ecocert zertifizieren lasse. Das kostet Geld, und dieses müsste ich auf den Verkaufspreis aufschlagen. Sinn oder Unsinn?

Mittwoch, 25. Februar 2009

Seraphino Ambroisie
















Seit einer Stunde schon sass Seraphino Ambroisie neben
dieser wunderschönen Frau und er hatte noch kaum ein Wort mit ihr gewechselt. Die Stimmung war gut an diesem Samstag Abend und das Essen, na ja, schlecht war es bestimmt nicht. Etwa 50 Personen sassen an diesem langen Tisch und beugten ihre Köpfe über Teller auf denen sich fünfmal das gleiche Essen befand. Kartoffeln. Bratkartoffeln. Und in der Mitte so ein Bratling der sich gemeinhin als Vegiburger bezeichnet. Und diese Leute, die voller Ernst die Bratkartoffeln aus fünf verschiedenen Sorten degustierten, verglichen, wieder degustiereten und Noten verteilten. Von rechts schwebte ein sanfter Parfumduft hinüber. Wie konnte man sich da konzentrieren. Er hörte ihr ansteckendes Lachen wenn Sie mit ihrem Mann und dem Freundespaar, das ihr gegenüber sass, diskutierte. Kerzen. Kerzen fehlten auf diesem Tisch der lediglich mit Kartoffelknollen dekoriert war!

Seraphino nahm einen Schluck Rotwein und besann sich einen Moment. Das Leben hatte die Karten verteilt. Jetzt ging es darum, das beste aus der Situation zu machen. Wer sagt denn, das eine Kartoffeldegustation nicht auch sinnlich sein kann? Lustvoll stach Seraphino Ambroisie seine Gabel in die knusprigen Bratkartoffeln, zart schmelzend liess er den Kartoffelpurée auf seiner Zunge zergehen und ohne jeglichen Hintergedanken pellte er die Kartoffeln aus ihrer Haut. Und ganz langsam öffnete sich die Dame zu seiner rechten. Er hatte Eingang gefunden in ihren vertrauten Kreis. Seraphino fühlte sich wohl, genoss die angeregte, wie Champagner perlende Unterhaltung, fühlte sich hingezogen zu dieser schönen Frau mit ihrem weichen Körper, dem strahlenden Augenpaar. Manchmal findet man den Himmel auf Erden, dachte er, wie ein kleiner Augenblick der Ewigkeit.

Dienstag, 24. Februar 2009

Etwas mehr ...

In einem meiner Beiträge bin ich der Frage nachgegangen, was unsere Eltern wohl gemacht haben, wenn sie was Feines essen wollten. Fine food, Sélection & Co. gab ja zu dieser Zeit noch nicht. Eine interessante Antwort auf diese Frage habe ich letzthin in einem Buch gelesen. Das Buch heisst: "Lies und werde reich", geschrieben wurde diese Sammlung von Kurzgeschichten von Al Imfeld und erschienen ist's im Rotpunktverlag. Imfeld beschreibt in einer dieser Geschichten vier bodenständige Entlebucher die am Stammtisch sassen und über Gott und die Welt diskutierten. Dabei kamen sie auch auf das Weihnachtsessen zu sprechen, wie das anno dazumal noch war. Also hier vorweg: Es gab kein Filet Wellington und keine Gänseleber. Es gab keinen Bordeaux und kein Vanilleglacé zum Dessert. Es gab einfach etwas mehr. "Etwas mehr Zucker, ein paar Kaffebohnen mehr, ein bisschen mehr Butter, ein Stück Brot extra - das war Weihnachten."
Das heisst ja nicht, das wir jetzt unseren Wohlstand negieren sollen und uns in Enthalsamkeit üben. Aber ich denke, einfach mal kurz darüber nachzudenken, uns vorzustellen, wenn wir nächste Weihnachten Ghackets mit Hörnli im Teller haben, einfach etwas mehr als normal, das wäre schon sinnvoll. Innezuhalten und sich bewusst zu werden, in welchem Überfluss wir leben. Welche Auswahl wir haben. Sich zu überlegen ob ich das überhaupt brauche?
Auch wenn Weihnachten noch weit ist, die Fastenzeit beginnt morgen und hat, ob man gläubig ist oder nicht, etwas in diesem Sinne. Warum nicht also einfach mal 40 Tage bewusster essen? Vielleicht auch weniger? Ich bin sicher, Sie geniessen es.

Montag, 23. Februar 2009

Gut Ding ...

... will Weile haben. Was bei Wein und Delikatessen gilt soll auch hier im Blog gelten. Nach einem länger als gedacht dauernden Unterbruch geht's heute, genau einen Monat später, wieder weiter.

Viel ist passiert, in den letzten vier Wochen. Ich war mit meiner Familie eine Woche auf Amrum. Das ist eine kleine Insel in der Nordsee ganz im Norden, unweit der Grenze zu Dänemark. Wir haben uns den Wind um die Ohren wehen lassen, sind stundenlang den Strand entlang gelaufen (der dort bis zu zwei Kilometer breit ist!) und haben feinste Friesenwaffeln mit Pflaumenmus und Schlagrahm gegessen.
Dann waren meine Schwiegereltern aus Frankreich bei uns zu Besuch. Wir waren unter anderem auch in Einsiedeln und haben in einem Goût-mieux-Restaurant zu Mittag gegessen. Meine Schwiegereltern waren etwas erstaunt. Sie hätten nicht gedacht, dass die dem Konzept zugrundeliegenden Ideen überhaupt ein Thema sein könnten, geschweige denn das dies profitabel umgesetzt werden könne. Das Essen hat ihnen aber sehr gemundet und sie fanden die Idee schlussendlich gar nicht so abwegig ...

Gemundet hat mir das Essen am letzten Samstagabend. Ich traf mich nämlich mit vielen Mitgliedern des slow food-Conviviums Aargau-Solothurn zum nationalen Härdöpfeltestessen. Getestet wurden fünf verschiedene Pro-Specie-Rare-Sorten. Einmal als Bratkartoffeln, einmal als Kartoffelstock und einmal als Gschwellti. Dieser Abend war sehr entspannend und hat mir nach dem anstrengenden Freitag echt gut getan.
Am Freitag war ich nämlich an der BioFach in Nürnberg. Ich glaube, man kann ohne zu übertreiben sagen, das dies die weltweit grösste Messe für biologische Lebensmittel ist. Ich war natürlich dort um interessante Produkte für meine boutique gourmande zu finden und mit Produzenten zu diskutieren. Und gefunden hab ich tatsächlich zwei, drei wirklich erstklassige Produkte. Von kleinen Produzenten, hergestellt mit grösstem handwerklichem Können und mit viel Liebe und Sorgfalt. Wenn Sie jetzt gerne wissen möchten, was für Produkte denn das sind muss ich Sie leider noch ein wenig vertrösten. Warten Sie auf meinem Frühlingskatalog, der Ende März, Anfangs April erscheint und lassen Sie sich überraschen. Gut Ding will eben Weile haben ...

Donnerstag, 22. Januar 2009

Sie liegen goldrichtig

Man könnte es auch so sagen: Sie haben den richtigen Riecher gehabt. Auch wenn es eigentlich eher ungewollt ist. Es ist einfach so, denke ich. Die Zeitschrift "Le nouvel observateur" beschreibt nämlich in ihrer Ausgabe vom 11. Dezember ein Phänomen, dass weit über die katholischen Kreise hinausgeht:

"Ein neuer Delikatessenladen? An der Kreuzung der Rue des Martyrs, in einer Hochburg des Pariser Bobolandes (Käuferschicht der Bourgois-Bohème, Anm. d. Übersetzers) braucht es fünf Minuten vor den Konfitüren und den Kosmetikprodukten auf Basis natürlicher Öle um zu merken, dass alle hier angebotenen Produkte aus Klöstern und Abteien stammen. Bonbons und Biscuits aus der Abtei Saint-Wandrille, Rosmarin- oder Rosenblütenkonfitüre aus dem Kloster Jansoneix, Olivenöl von Monte Oliveto ... Willkommen im ersten Auwahlladen geistlicher Herkunft [Comptoir des Abbayes, 4-6, rue Fléchier, Paris IXe]. Die Kundschaft? Sie geht weit hinaus über die Gläubigen die ihre Einkäufe nach dem Messebesuch machen. [...] "Die Attraktivität der von Mönchen produzierten Produkte entspricht, mehr noch als einem Nischenmarkt einer generellen Tendenz, analysiert Vincent Grégoire des Stilberatungsbüros Nelly Rodi. Als Reaktion auf zu grosses und unglaubwürdiges kommerzielles Biomarketing sind gewisse Konsumenten auf der Suche nach kleinen, authentischen Produkten mit Mehrwert."
Respekt vor einer überlieferten und ritualisierten Tradition, Nachverfolgbarkeit, handwerkliches Können und Parfum von Heiligkeit, das Klosterprodukt hat nur Gutes. [...] "In dem man ein solches Produkt konsumiert hat man das Gefühl seine gute Tat getan zu haben, ganz im Gefühl, dass das Kloster sich nicht in ein multinationles Unternehmen wandeln wird", amusiert sich Vincent Grégoire. An der Messe "Maison & Objet", der Referenz in Sachen Deko, findet man jedes Jahr den Stand Schwester von Monastica, der andere religiöse Laden von Marais, die gekommen sind um ihre Sortiment zu vervollständigen: Wäsche, Kerzen, Düfte aus dem Klostergarten, Ledersandalen ... Ob man wohl eines Tages Produkte von Mönchen bei Colette sehen wird ... dem Tempel des Modestils? Est ist noch verfrüht dies zu sagen aber man findet sie bereits in der Grande Épicerie des Bon Marché.
Aber Vorsicht vor den Nachahmerprodukten. Die Mandelschiffli mit reiner Butter aus dem Hause La Moinerie und andere Schokoladetabletten aus der Moulin des Moines die in Bioläden verkauft werden: das sind Marken wie jedere andere auch, vollkommen weltlich."

Und bei delikatessenschweiz.ch konnte man am 31.12. lesen: "[...] Das Konsumenteninteresse an Terroirprodukten wächst stetig. Eine Bestätigung dafür war der Besucherrekord an der Heimatproduktemesse «Goûts et Terroirs» in Bulle FR Anfang November. Terroirprodukte im engeren Sinn wie Weine, Olivenöle und Alpkäse sind sensorisch einzigartig dank prägendem Einfluss des Terroirs (Boden, Klima, Traditionen). [...]."

Wie Sie sehen, liegen Sie voll im Trend. Und wenn dies Ihnen auch ziemlich egal sein mag. Mich freut es trotzdem das es so Leute gibt wie Sie. Denn ich denke, bewusst essen ist wichtig und je mehr wir sind, die sich nicht von der Industrie vorschreiben lassen, was wir essen müssen, desto mehr Überzeugungskraft haben wir, desto besser geht es uns, der Umwelt und den Mitmenschen. Um es mit den Worten von Albi von Felten zu sagen: "Wer aufgehört hat zu geniessen, wird ungeniessbar".

Damit verabschiede ich mich für die nächsten zwei Wochen. Ich gehe auf die Suche nach neuen kulinarischen Köstlichkeiten in Norddeutschland. Ich hoffe, Sie in zwei Wochen wieder hier begrüssen zu dürfen.

Mittwoch, 21. Januar 2009

Puderzucker

In Islisberg, das ist ein kleines Dorf im Kanton Aargau, hat es diese Nacht wieder geschneit. Nicht richtig, eher so wie Puderzucker. Aber eher viel Puderzucker. Etwa so wie früher, wenn der Gugelhopf ein wenig zu lange im Ofen war und deshhalb eine extra-Portion Puderzucker bekam damit man das schwarz weniger sah. Das erinnert mich an einen Bericht den ich kürzlich in der Zeitschrift "marmite" gelesen habe: La Grande Dame du Gugelhopf Margrit Bühlmann aus Kehrsatz bei Bern deren Gugelhopfe sogar im Elsass legendär seien, die pro Jahr etwa zwei Tonnen Mehl, rund 600 Kilogramm Butter und in der Hochsaison wöchentlich 200 Eier verbackt und deren grösster Gugelhopf 11 Kilogramm schwer ist. Das war wirklich ein spannender Artikel bei dem ich mir die Frage stellte, wann ich denn zum letzten Mal einen richtigen Gugelhopf gegessen habe. Lange ist's her! Irgendwie muss das in meiner Kindheit gewesen sein, bei unserer Nachbarin. Deren Gugelhopfe waren immer nur leicht bepudert. So ein Gugelhupf würde ich heute Nachmittag am liebsten zum Zvieri essen. Mit einer feinen Tasse Tee genau das richtige für so einen Tag wie heute. Und dann denke ich, es sollte auch im Leben manchmal etwas Puderzucker geben. Damit die verbrannten, etwas bitteren Stellen schöner aussehen und süsser schmecken. Ich glaube, es ist Zeit einen Espresson trinken zu gehn ...

Dienstag, 20. Januar 2009

Commissario Montalbano

Kennen Sie den? Auch wenn Sie es unter Ihrer Würde finden sollten, Kriminalromane zu lesen weil Sie denken, dies sei reiner Zeitvertreib für Rätselfreunde möchte ich Ihnen die von Andrea Camilleri geschriebenen Geschichten des Commissario Montalbano wärmstens ans Herz legen. Finden Sie diesen Regen, der den ganzen Schnee auflöst auch so trist? Begeben Sie sich auf eine Reise nach Sizilien und erleben Sie, zum Beispiel, "die schwarze Seele des Sommers". Montalbano ist nicht nur ein eigenartiger Polizeikommissar (das sind ja alle anderen Kriminalkommissare auch), er ist auch ein ganz verfressener. Seine Dauerfreundin Livia ist sogar der Meinung, er denke immer nur an zwei Sachen, wobei sie offenlies an was. Beim Lesen seiner Fälle läuft mir oft das Wasser im Mund zusammen und ich habe nur noch eine Lust: Das nächste Flugzeug nach Sizilien zu nehmen und zusammen mit dem Kommissar essen zu gehen. Aber passen Sie auf, er liebt es, wenn dabei kein Wort gesprochen wird. Der Commissario kennt nicht nur die kulinarisch besten Kneipen der Region, er hat auch Adelina, seine Haushälterin, die eine Meisterköchin ist. Hmmm, wenn ich nur schon an ihre Pasta 'ncasciata denke, den Makkaroniauflauf mit Auberginen ... Garantiertes, pures Lesevergnügen. Und danach: kochen!

Montag, 19. Januar 2009

Seraphino Ambroisie

Jedes Mal wenn der Nebel wieder durch das Tal und seine Glieder zog überfiel Seraphino Ambroisie das Verlangen, seinen Rucksack zu packen und hoch zu gehen, in seine kleine Hütte in den Bergen. Dort wäre er raus aus dieser kalten Suppe und den damit verbundenen trüben Gedanken. Dieses Grau verbreitete sich wie Schimmel auf der Konfitüre über seine ganze Seele, drang in jede Ritze ein, bis es schliesslich alles zudeckte und wie die Nebeldecke keinen Sonnenstrahl mehr durchliess. Sonnenstrahl. Das war das einzige Wort das ihn noch aus der Lethargie reissen konnte. Seraphino packte seinen Rucksack. Zuunterst legte er, gut in Zeitungspapier eingewickelt, eine Flasche Montecalvi. Flüssigen Sonnenschein aus der Toscana. Darüber kam die Wäsche. Ein paar Unterhosen, Socken, Leibchen und einen dicken Pullover. Obendrauf legte er ein frisches, knuspriges Brot, einen ganzen Reblochon, einen Hirschsalzis und drei Orangen. Dann kamen noch ein paar Zeitungen dazu und zuoberst die Thermosflasche mit heissem Tee mit einem Schuss für den Aufstieg. Die restlichen Sachen zum Überleben hatte er schon im Herbst hochgebracht.

Seraphino Ambroisie klopfte seine Schuhe gegen den von Wind und Wetter gezeichneten Türrahmen aus Holz. Der Aufstieg war beschwerlicher gewesen als auch schon. Schnee fiel in den Eingang als er die Türe seines Häuschens öffnete über dem sich ein strahlendblauer Himmel wölbte. Die Sonnen schien durch die Fenster deren Läden er bei seiner Ankunft geöffnet hatte und beleuchtete die einfache aber praktische Möbilierung. An der Wand, unter dem Fenster stand ein Tisch vor einer Eckbank, dazu zwei Stühle. Links davon befand sich der Ofen auf dem man kochen konnte. Dahinter die Türe zum Vorratsraum und daneben der Eingang zur Stube. Die Schlafstatt war oben. Warmwasser gab es nur wenn man es auf dem Ofen heiss machte. Dafür gab es Ruhe, absolute Ruhe. Im Sommer hörte man Vögel und in der Nacht allerlei Tiere aber jetzt, im Winter, war es still.

Den Nachmittag hatte Seraphino Ambroisie an der Sonne lesend verbracht. Anschliessend, es wurde schon dunkel und die ersten Sterne glitzerten am Himmel, füllte er den Holzvorrat in der Küche auf. Er nahm die Flasche Wein aus dem Rucksack, öffnete sie, schenkte sich ein Glas ein, roch daran und probierte eine Schluck. Er war gut, vermutlich hatte es keinen Tropfen mehr in der Flasche bevor er ins Bett ging. Seraphino nahm einen Topf von der Wand, stellte ihn auf den Herd und goss ein wenig Olivenöl hinein. Dann schnitt er eine Zwiebel klein und schwitze sie goldgelb an. Daneben kochte er Wasser auf, gab ein paar Löffel Gemüsebouillon hinein und leerte das ganze zu den Zwiebeln. Dann liess langsam Polenta durch die Finger in die Flüssigkeit rieseln, sowie ihm das schon seine italienische Grossmutter gezeigt hatte, rührte ein paar Mal mit der Holzkelle um setzte den Deckel auf. Gegen Schluss würde er noch einen halben Reblochon in Streifen und dann in Stücke schneiden und dazugeben. Aber in der Zwischenzeit wollte er seinem Weinglas etwas Gesellschaft leisten. Das hatte es verdient. Und er auch ...

Freitag, 16. Januar 2009

Schliessen Sie die Augen

Schliessen Sie die Augen und öffnen Sie ..., nein, den Mund können Sie wieder zu machen, öffnen Sie die Nasenflügel. Jetzt öffnen Sie die Augen bitte wieder sonst können Sie ja gar nicht weiterlesen. Schliessen Sie die Augen also nur imaginär. Stellen Sie sich vor, sie seien auf einer Wiese, es ist Herbst, milde Sonnenstrahlen wärmen Ihre geschlossenen Augenlieder. Auf der Haut spüren Sie einen sachten Wind. Sie hören eine Fliege vorbeisummen. Dann wieder Ruhe. Und da riechen Sie es. Es kommt von den nahen Obstbäumen. Ein Duft so, hmm, wie soll man das beschreiben, süsslich, fein, schmelzend und saftig. Es riecht nach Birne. Nicht sehr aufdringlich aber doch wahrnehmbar. Das erinnert Sie an den Blanc de Blanc den Sie letzten Samstag getrunken haben und Sie spüren fast noch das leichte Prickeln auf der Zunge. Es erinnert Sie vielleicht auch noch vage an den Mersault den Sie in den letzten Ferien getrunken haben und auch an die wunderbare Wähe von Grossmutter und Mutters Ich-habs-eilig-Dessert, den Birnen aus der Dose mit der Schoggicrème aus der Migros. Was bloss, wenn man kein oder kein gutes Duftgedächtnis hat. Dann trainiert man. So wie ich. Gestern habe ich eine wunderschöne, rote Box bekommen auf der steht: LE NEZ DU VIN. Und etwas kleiner Jean Lenoir. Also von den sechs Aromen (Grapefruit, Birne, Himbeere, Cassis, Veilchen und geröstetes Weissbrot) hab ich kein einziges erkannt, meine Frau jedes. Deshalb nehm ich sie auch so gerne mit zu den Degustationen. Himbeerduft, bzw. das beta-Ionon, zum Beispiel , "kommt in Rotweinen aus vielen Rebsorten vor und bildet ein herrliches Gleichgewicht mit der schwarzen Johannisbeere. In den meisten jungen Rotweinen kommt es von Natur aus vor und in alterungsfähigen Weinen ist es in seiner reinsten Form anzutreffen." Erinnern Sie sich noch an die wunderbare Himbeerkonfitüre Ihrer Schwiegermutter? An die verbotenen Früchte in Nachbars Garten als Sie noch so klein waren und unter dem Zaun durchkamen? Erinnern Sie sich noch? Schliessen Sie die Augen ...

Das alles geht natürlich nur wenn man keinen Schnupfen hat. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gesundes und erholsames Wochenende!

Donnerstag, 15. Januar 2009

Einfach Gut

Einfach, gut. So was liebe ich. Ich mag all diesen Firlefanz nicht mehr. Diese 3-Sterne-Restaurants mit ihren tausend Kellnern und den silbernen Glocken auf dem Teller. Diese Kreativität um jeden Preis: Champagner-Pesto-Sorbet. Mag ja schmecken, aber muss das sein? All das gekünstelte dass immer nur einen Nenner kennt: Ich bin ja so toll! Genug davon. Ich mag einfaches. Ehrlich soll es sein, ich trau mich fast nicht es zu sagen: authentisch. Einfach, aber Gut; einfach, gut; einfach gut. Man kann es schreiben wie man will, alle Varianten stimmen. Einfach heisst aber nicht gedankenlos, lieblos, mühelos. Mit Mühe ist es denn meist auch verbunden, wenn es wirklich gut sein soll. Mühe beim Anbau oder der Produktion damit die Qualität stimmt, Mühe beim Suchen des wirklich Guten, und, manchmal, auch Mühe beim Zubereiten. Aber nicht immer. Zum Beispiel einen gartenfrischen Fenchel dessen einzelne Blätter man in köstliches, gesalzenes Olivenöl tunkt und einfach so verzehrt. Oder ein köstliches Olivenöl mit Fenchelsamen drin in das man ein Stück frisches, duftendes Brot tunkt. Einfach, aber gut! Aber eben, manchmal ist auch ein Bisschen Mühe beim Zubereiten gefragt. So zum Beispiel für ein Sauerkraut. Entweder man kauft ein wirklich gutes oder man macht es selber. Arbeit (Mühe?) gibt's allemal, fragt sich einfach für wen. Dann schwitze ich eine grosse Zwiebel in etwas Bratfett an, gebe das rohe Sauerkraut dazu und lösche mit 1 dl Apfelsaft (oder Cidre für die, die's etwas herber mögen) ab. Je nach Gusto kocht man dann die verschiedenen Fleischstücke mit (ganz sicher gesalzener Speck). Lecker schmeckt es aber auch mit Lachsfilets auf der Haut gebraten, mit geräucherten Forellenfilets oder, für Vegetarier, einfach so. Nichts ist schwieriger als etwas einfaches gut zu machen ...

Mittwoch, 14. Januar 2009

Begriffserklärung: authentisch

Heute möchte ich das im Gourmetbereich so beliebte und so arg strapazierte Wort authentisch mal etwas genauer unter die Lupe.

Authentisch bedeutet eigentlich nicht mehr als echt. In der Philosophie wird der Begriff der „Authentizität“ meist als Synonym für „Wirklichkeit, Wahrhaftigkeit oder Echtheit“ benutzt. Das kann man natürlich unter vielen verschiedenen Aspekten betrachten. Reden wir von authentisch leben meinen wir etwas ganz anderes als wenn wir von einem authentischen Greyerzer-Käse sprechen. Der bekannte Psychoanalytiker und Sozialphilosoph Erich Fromm hat vor Jahren das Buch „Authentisch leben“ verfasst. Seine Kernaussage kann man kurz auf den Nenner bringen, „dass wir nur dann zu einem glücklichen und erfüllten Leben finden, wenn wir authentisch leben.“ Das geschieht laut Fromm, „wenn wir aus uns selbst heraus leben und Entscheidungen treffen, und nicht bloß die Erwartungen von außen erfüllen.“ Eine ganz interessante Buchrezension finden sie hier.

Wenn wir die Idee der Echtheit auf das Beispiel des Greyerzer-Käses übertragen kommen wir schon zu einem differenzierteren Bild. Als Käufer eines Gruyère AOC denke ich eigentlich, dieser sei, als AOC (von kontrollierter Herkunft) ein authetisches Produkt, ein Käse der aus der Region Gruyère im Kanton Freiburg. Aber auch die Alpkäserei Fruitières de Nyon (unweit von Genf) darf Ihren Käse, wenn er nach dem Pflichtenheft produziert wurde als Gruyère verkaufen. Und überhaupt, was heisst denn das: ein authentisches griechisches Schafmilchyoghurt, ein authentischer Wein, ein authentisches Olivenöl? Beziehungsweise was erwarten wir davon und was von einem unechten Schafmilchyoghurt, einem unechten Wein und einem unechten Olivenöl? Muss das echte Schafyoghurt einfach nach griechischer Art gemacht sein damit wir es als echt anerkennen?

Wir sehen also, das Prädikat authentisch lässt einen enorm grossen Interprätationsspielraum zu. Auch ich benutze für die Produkte in meinem Sortiment die Bezeichnung authentisch. Bei mir ist damit gemeint, dass meine Delikatessen und Weine

naturecht
sind, also nicht mit Aromastoffen, Farb- und/oder Konservierungsmitteln versetzt wurden, dass sie so naturnah wie möglich produziert wurden. Das Erfüllen eines Biopflichtenheftes ist für mich nicht aussagekräftig. Naturecht heisst aber auch, dass es natürliche Produkte sind und die schmecken nicht jedes Jahr gleich. Das alleine genügt mir aber noch nicht. Ebenso wichtig ist mir dass die von mir angebotenen Produkte

qualitätsecht
sind. Das ist schon etwas schwieriger zu bennenen. Es sind keine Industrieprodukte. Dort wird der Geschmack oft nivelliert. Meine Produzenten, familiäre Klein- und Kleinstbetriebe die ich alle persönlich kenne, stecken oft jahrelange, harte Arbeit in die Verbsserung des Geschmacks bis sie ein Produkt haben, das echt ist, das dem Terroir entspricht, das lokale Sorten berücksichtigt, das traditionelle mit modernen Produktionsmethoden vereint, das ein echtes Stück handwerklicher Qualität darstellt. Reicht das? Solides Handwerk, natürlich produziert, ist schon mal nicht schlecht, garantiert aber noch kein ausgewähltes Spitzenprodukt. Darum sind alle boccafino-Produkte auch

geschmacksecht
Das heisst, wenn Sie eine Aprikosenkonfitüre kaufen, dann schmeckt die eben wie Aprikosen. Um das zu erreichen habe ich in jahrelangen Auswahlprozessen Produkte verglichen, Degustationen durchgeführt, mit den Produzenten diskutiert und so lange ausgesiebt, bis ich wirklich nur noch Produkte vom Besten hatte.

Deshalb benutze ich das adjektiv authentisch.

Dienstag, 13. Januar 2009

Wein, Weib und Gesang

Wer nicht liebt Wein, Weib, Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang. Dieser Vers wird Martin Luther zugesprochen. In der Rethorik nennt man eine solche Form Hendiatris. Eine Hendriatis besteht aus drei Wörtern mit (annähernd) derselben Bedeutung. Im Gegensatz dazu besteht die Hendiadyoin aus nur zwei Wörtern (das erklärt nun endlich auch die im umgangssprachlichen häufig angewandte Begrüssungsformel von zwei Wörtern beim Hendi telefonieren: "wo bisch?"). Hendiadyoine sind zum Beispiel "samt und sonders", "Feuer und Flamme", "Grund und Boden" oder "Saus und Braus". Wobei die Bedeutung dieser Stilfigur vermutlich der eingangs erwähnten Hendriatris wieder recht nahe kommt. Und auf diese möchte ich nach diesem linguistischen Exkurs gerne etwas genauer eingehen.

Gerade in wirtschaftlich als anstrengend vorhergesagten Zeiten ist es von Bedeutung sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Denn auf den ersten Blick mag die damit suggerierte Art des Saus-und-Braus-Lebenswandels als problematisch und als verantwortungslos erscheinen. Ich denke aber, dass diese Unterstellung einer genauen Betrachtung nicht standhält, im Gegenteil. Fangen wir doch, ausnahmsweise, mal von hinten an:
  • Dass das Singen therapeutisch wertvoll ist, ist ja eigentlich schon hinlänglich bekannt. Ich denke sogar das es sinnvoll wäre, in der aktuellen Wirtschaftslage öfters daran zu denken und etwas mehr zu singen.
  • Ausgehend davon, dass dieser Spruch aus einer Zeit kommt, in der nur Männer von dieser Aussage betroffen waren sehe ich auch darin kein eigentliches Problem. Die Frau ist dem Manne (und umgekehrt!) Gleichgewicht, Harmonie, Jing und Jang sozusagen. Es ist nur eine Frage der Mässigung. Bleibts bei einer ist das OK, und seine Frau zu lieben ist wahrhaftig eine gute Sache.
  • Auch beim Wein gilt das Prinzip der Mässigung. Auch Wein hat (wie die Frau übrigens auch) therapeutische Eigenschaften. Wein vermindert das Risiko von Herzinfarkt und, gemäss neusten Informationen, auch von gewissen Krebsarten. Zudem ist er sozial. Er fördert das gesellige Beisammensein (bei dem dann auch schön im Chor gesungen werden kann). Und, das ist wichtig, Sie unterstützen die Wirtschaft (wenn Sie den Wein nicht zu Hause geniessen sogar gleich zweimal ... ). Sie betreiben Landschaftsschutz. Sie retten alte Traubensorten und fördern das Handwerk.
Also, seien wir keine lebenslangen Narren (sondern nur bis am Güdelziischtig), lasst uns singen, unsere (Ehe-)Frauen lieben und Wein geniessen.
Denn Plinius der Ältere stellte in seiner Naturgeschichte schon fest: “vulgoque veritas iam attributa vino est” oder kurz: in vino veritas. Und wer möchte nicht schon wahrhaftig, oder, um es mit einem Modewort auszudrücken, authentisch sein?

Montag, 12. Januar 2009

Baba ghanoush

Es war einmal eine wunderschöne, junge, persische Prinzessin. Sie lebte mit ihrem Mann an den Ufern des türkisblauen Mittelmeers in einem wunderschönen Palast, umgeben von einer grosszügigen Gartenanlage in der die seltensten Blumen herrlich dufteten und allerlei exotische Früchte Gemüse wuchsen. Auch wenn die Prinzessin über ein Heer von Dienern verfügte liebte es sie doch über alles selber in der Küche zu stehen und mit den besten Produkten und den erlesensten Gewürzen die mit Kamelkarawanen von weit herkamen Gerichte zu zaubern denen niemand widerstehen konnte. So fühlte sich im siebten Himmel wer in den Genuss ihrer Speisen kam. Ausser ihr Gemahl der schon ein alter Mann war. Nichts war ihm gut genug und er nörgelte unablässig an allem und jedem herum. Eines Tages kochte die Prinzessin Auberginen weil sie wusste, dass ihr Mann die sehr gerne hatte. Doch diese verbrannten ein wenig da ein junger Händler der Prinzessin den Hof machte. Der alte Mann weigerte sich die Auberginen zu essen und jagte seine Frau in die Küche zurück. Dort angekommen vermischte sie das Gemüse mit Kräutern und Gewürzen die sie dem jungen Händler soeben abgekauft hatte. Der Knoblauch und die Sesampaste überdeckten dabei den verbrannten Geschmack. Der alte Mann war von der Speise begeistert. Er kam aus dem Lobreden fast nicht mehr raus. Und da wurde ihm bewusst, dass er das erste Mal das Essen seiner Frau lobte. Er schämte sich plötzlich und schenkte seiner jungen Gemahlin ein wunderschönes Diadem, voller Diamenten, Perlen, Rubine und Smaragde. Seit diesem Tag ass der Prinz jeden Tag ein Schüsselchen Baba ghanoush, was soviel heisst wie der beschämte Alte.

Feine Küche ist international. Man(n) muss keine Italienerin sein um ein feines Ossobuco hinzukriegen, es gibt Japaner, die ein unanständig gutes Fondue perfekt zum Schmelzen bringen und es gibt auch eine Holländerin, die ein sensationell feines Baba ghanoush zubereitet. So hat auch das Baba Ghanoush (arabisch بابا غنوج ‎ ) nicht nur einen Heimatort. Man findet es, wie viele andere kulinarische Köstlichkeiten, in verschiedenen Variationen rund um das Mittelmeer. Und der Verwendungszweck ist genauso vielfältig wie der Name. Als Baba ghanoush ist es ein Püree der arabischen Küche aus Auberginen und Sesampaste (Tahina), das als Dip oder Beilage z. B. zu Schawarma und Falafel serviert wird. Als Caviar d'Aubergine kommt es aus Südfrankreich (dort allerdings ohne Sesampaste) und begleitet, wie auch in z.B. in der libaneischen Küche, hervorragend alle Speisen mit Lammfleisch. Köstlich schmeckt es auch einfach auf getoasteten Baguettescheiben oder als Gemüsedip.Zur Zubereitung werden gegrillte und gehäutete Auberginen püriert, mit Sesampaste und Olivenöl vermengt und Knoblauch, Salz, Pfeffer, Petersilie und Zitronensaft gewürzt.

Das Baba ghanoush aus meinem Angebot ist auch international denn es kommt aus Frankreichs Südwesten. Dort, in einem kleinen, wunderschön gelegenen Dorf hat sich eine holländische Familie niedergelassen und produziert nun schon seit mehreren Jahren verschiedenste Delikatessen aus Gemüsen die im eigenen Garten biologisch gezogen wurden. Und jedesmal, wenn der Mann von Julia etwas mürrisch ist (was manchmal passieren kann) serviert sie ihm ein Schüsselchen ihres traumhaft köstlichen Baba ghanoush und die Miene ihres Mannes heitert sich schlagartig wieder auf.

Freitag, 9. Januar 2009

Ein paar Gedanken zum Geschmack

Geschmack: der; -(e)s; Geschmäcke u. (gus.) Geschmäcker 1 o. Pl. a) Fähigkeit zu schmecken b) Art, wie etw. schmeckt <> 2 Urteil; Bewertung; positiv bewertetes Ereignis, Ding <> 3, 4, 5 ... das ist die Definition im Deutschen Wörterbuch. Meyers Online Lexikon klärt uns weiter auf, dass der Geschmack [von mittelhochdeutsch gesmac = das Vermögen zu Schmecken] ein Begriff für das Vermögen kulinarischer Urteilsbildung ist, wie es vor allem dem Gourmet zugesprochen wird.

Geschmack hat mehrere Bedeutungsebenen. So wird mit Geschmack etwa die Fähigkeit ästhetischer, modischer oder kulinarischer Urteilsbildung (erlesener Geschmack) bezeichnet.

Unter kulturellem Geschmack wird ein dominanter beziehungsweise prägender ästhetischer Wertmaßstab einer bestimmten Epoche verstanden. Der subjektive Geschmack ist ein subjektives Werturteil über etwas, was jemandem gefällt oder wofür er eine Vorliebe entwickelt.

Geschmack spielt für alle Bereiche der Ernährung eine überragende Rolle. Letztendlich entscheidet der Geschmack maßgeblich über die Wahl eines Produkts. Geschmackliche Präferenzen entstehen in einem komplexen Geflecht kulturell geprägter, historisch bedingter, individueller und ökonomischer Faktoren.

Das lebensmittellexikon sagt weiter, dass der Geschmack wie der Geruch ein chemischer Sinn ist. Er wird über in Papillen liegenden Geschmacksknospen mit chemisch empfindsamen Zellen auf der Zunge wahrgenommen. Wobei die Geschmacksknospen Zellen für unterschiedlichen Geschmack enthalten können. Der Geschmack wird auch als Gustatorik oder gustatorische Wahrnehmung bezeichnet. Dieser wird über sechs Geschmacksqualitäten erkannt: Süß, sauer, salzig, bitter, umami und fettig. In der Sinnesphysiologie bezeichnet Geschmack den Sinneseindruck, der sich aus gustatorischen, olfaktorischen (Geruchssinn), haptischen (Tastsinn) und auch optischen Eindrücken zusammensetzt. Geschmack hat auch eine wichtige biologische Funktion, süss weisst uns auf bestimmte Nährstoffquellen hin, ebenso der Fettgeschmack. Sauer kann den Appetit anregen, kann aber auch Hinweis auf Verderbnis sein. Bitter weist oft auf Gifte hin. Umami hilft beim Finden von Eiweissquellen.

Die Summe der Faktoren bestimmen den kulinarischen Genuss. Dieser beginnt mit dem Aussehen der Speisen (bei Blindverkostungen oder in Dunkelheit können viele Konsumenten Fruchtaromen nicht identifizieren und selbst Rot- nicht von Weißwein unterscheiden) und ihrer Präsentation (»Das Auge isst mit«), der Umgebungsatmosphäre, dem Geruch sowie dem Vorwissen des Konsumenten.

Jetzt wissen wir also ziemlich genau was Geschmack ist. Stellt sich nun für mich die Frage, ob das alles objektiv ist, messbar und somit unbestreitbar oder ob man über Geschmack verschiedener Meinung sein kann. Und weiter: Ist das überhaupt wichtig? Wir leben in einer Zeit in der man immer alles wissen, definieren möchte. Ungewissheit wird unerträglich. Ist kulinarischer Genuss nicht auch abhängig von der Ungewissheit? Kulinarischer Genuss lebt doch auch von Überraschungsmomenten?
Und auch von Ästhetik, nicht nur der visuellen. Geschmack ist für mich deshalb eine Frage organoleptischer Ästhetik. Kulinarischer Genuss somit, a fortiori, ein absolut sinnliches und harmonisches Erlebnis.

Auf diese sinnliche Komponente möchte ich gerne noch in einem anderen Beitrag zu sprechen kommen. Für heute wünsche ich Ihnen ein wunderschönes, sinn-volles, harmonisches und erholsames Wochenende.

Donnerstag, 8. Januar 2009

Neugier

Gestern bat ich Sie, kritisch, offen und neugierig zu sein. Am Mittagstisch hatte ich dann die Möglichkeit, nicht nur den Hunger sondern auch die Neugier unserer Tochter zu stillen. Zum Dessert gabs nämlich Natureyoghurt mit Ahornsirup. Da wollte unsere Tochter natürlich wissen, wie denn der Ahornsirup hergestellt wird. Ich kramte in meinen Erinnerungen und fand folgende Erklärung. Man treibt ein Metallröhrchen in den Stamm, hängt einen kleinen Kübel dran und raus kommt der Ahornsirup. Und sonst ist da nichts drin, wollte sie noch wissen. Ich schau mir also die Etikette an und da steht nichts anderes als Ahornsirup drauf. "Und was steht da?" fragte sie und zeigte auf den Vermerk Canada No 1 Medium. "Was heisst das?" wollte sie wissen als ich ihr es vorgelesen hatte. Hmmm, weiss auch nicht. Das heisst, dass das mittlere Qualität ist, womit mit Qualität die Farbe gemeint sein könnte, der Geschmack, die Flüssigkeit, die Süsse oder sonstwas. Unsere Tochter war damit zufrieden und löffelte ihr Yoghurt aus. Dort wo die Neugier (und der Hunger) von Angélique gestillt war fing meine Neugier an: Was heisst denn das genau: No1 Medium? Als Genosse unserer Zeit - warum eigentlich Genosse und nicht Bürger? (noch eine Frage, der ich nachgehen werde ...) - als Bürger unserer Zeit also bin ich tagtäglich ein treuer Kunde von "Google, Wikipedia & Co." Hier hab ich dann auch eine erste Antwort gefunden: Ahornsaft wird heute mittels Plastikschläuchen und -Pipelines direkt in den Tanklastwagen gepumpt. In einer Fabrik wird dieser dann zu Sirup eingekocht wobei es verschiedene Qualitätsunterschiede gibt:

Europäischer Qualitäts- kanadischer Qualitäts-
Grad: Grad: Helligkeit: Geschmack: Lichtdurchlässigkeit
AA No. 1 Extra light Sehr hell Fein-mild 100–75 %
A No.1 Light(clair) Hell Mild aromatisch 74–60 %
B No.1 Medium Mittel Kräftig 59–44 %
C No.2 Amber Dunkel (bernsteinfarben) Sehr kräftig 43–27 %
D No.2 Dark Sehr dunkel Fast unangenehm 26–0 %

Wir haben also in unserem Yoghurt einen mittelhellen, kräftigen Ahornsirup des europäischen Qualitätsgrades B gehabt. Damit ist meine Neugier aber noch nicht gestillt. Im Gegenteil, mein Wissenshunger ist geweckt. Wie schmecken denn die anderen Qualitäten? Gibt es Geschmacksunterschiede zwischen der industriellen und der traditionellen Produktion? Jetzt beginnt meine Arbeit als Foodscout, auch wenn ich mich normalerweise nur auf europäische Produkte konzentriere. Das Resultat meiner Forschung lesen Sie hier im Blog. GottseiDank gibt es Kinder. Sie helfen, neugierig zu bleiben. Schade nur, steckt in dem Wort auch das Wort Gier. Das gibt der Neugier manchmal auch einen negativen Beigeschmack. Aber lassen wir das philosophieren für morgen. Dann gibts ein paar Gedanken zum Thema Geschmack.

Mittwoch, 7. Januar 2009

Glauben Sie nicht alles, was in der Werbung steht

Das könnte fast schon ein anderer Vorsatz sein fürs neue Jahr: Seien Sie kritisch. Gerade im Gourmetbereich. Verlassen Sie sich auf Ihr Gefühl, auf Ihren Geschmack. Qualität lässt sich begründen. Das sagt auch Hanspeter Reichmuth aus dem Hause Reichmuth von Reding in seinen absolut lesenswerten Briefen, die er jeweils seinen Katalogen beilegt. Der Geschmack aber ist eine ganz persönliche Sache, darüber lässt sich bekanntlich sogar sehr gut streiten. Also, wenn Ihnen wieder mal jemand DAS beste Olivenöl, DAS beste Rindsfilet, DEN besten Parmesan oder DIE beste Schokolade verspricht, seien Sie vorsichtig, denn das gibt es nicht. Es kann sehr wohl VOM Besten sein, Ihnen aber überhaupt gar nicht munden. Und die Freude am Geniessen ist noch immer das Wichtigste. Für den Produzenten ist es was für den Theaterspieler der Applaus ist. Und weiter gilt, was gestern gut war kann morgen noch besser, oder auch schlechter sein. Der Geschmack verändert sich mit den Jahren. Sehr zum Missfallen meiner Frau finden zum Beispiel meine Geschmacksknospen die Thommy-Mayonnaise immer noch besser als jede hausgemachte. Der Geschmackssinn wird im Laufe der Zeit geformt, manchmal auch geschult und oft eben auch verformt. Also Hauptsache es schmeckt? Nein, geniessen Sie bewusst, seien Sie offen, neugierig und kritisch.

Und, weil es gerade Saison ist, hier das Rezept für die absolut beste Bitterorangenkonfitüre:

1 kg Bitterorangen aus Sevilla aus dem Bioladen
750 gr Rohrohrzucker (den ganz hellen) aus dem Bioladen oder Reformhaus
1 Biozitrone (egal von wo)
  • Die Orangen (und die Zitrone) kurz unter lauwarmem Wasser waschen und vierteln. Die sehr zahlreichen Kerne beiseite legen und die Viertel mit einem scharfen Messer in ganz feine Scheiben schneiden.
  • Die so geschnittenen Orangen und die Zitrone in einen Kupfertopf geben und den Zucker beifügen. Falls nötig Wasser beifügen bis die Masse ganz knapp bedeckt ist. Die ganze Sache einmal aufkochen und dann über Nacht stehen lassen.
  • Die Orangenkerne in eine Schüssel geben und mit Wasser auffüllen und ebenfalls über Nacht stehen lassen.
  • Am nächsten Tag das gelierte Wasser der Kerne in den Topf geben und die Masse nochmals sanft 5 Mintuen kochen lassen. Wieder abkühlen und eine Nacht ruhen lassen.
  • Am dritten Tag die Masse nochmals aufkochen und solange kochen lassen bis die Konfitüre geliert. Dann in sterilisierte Gläser füllen (Gläser waschen, trocknen und für fünf bis zehn Minuten in den 110° heissen Ofen) die direkt aus dem Ofen kommen. Deckel schliessen und die Gläser sofort umkehren.
  • Die Gläser in eine mit Decken, Kissen oder Handtüchern gepolsterte Kiste geben, gut einpacken und so langsam auskühlen lassen. Nach 2 bis 3 Tagen die Gläser etikettieren und ab in den Keller damit.

Dienstag, 6. Januar 2009

Soo ein Käse!

Das Schöne an meiner Arbeit ist das ich immer wieder neues entdecken kann. Ich habe deshalb einen sehr spannenden Beruf. Und eigentlich wollte ich heute über meine Entdeckung des Jahres 2008 berichten aber wie ich in der Zwischenzeit festgestellt habe, kennen viele Leute schon den Piment d'Espelettes AOC. Ich schreibe heute also über ein anderes AOC-Produkt, ebenfalls aus Frankreich, das vielleicht Ihre Entdeckung des Jahres 2009 sein wird, den Fourme de Montbrison.

Der Fourme de Montbrison ist ein milder Blauschimmelkäse der seit 1972 schon das AOC-Label (dies steht für die 3 Kriterien Terroir, Tradition und Savoir-faire), zusammen mit dem Fourme d'Ambert besitzt. 2002 bekam dann jeder der beiden eine eigene Appelation. Der Fourme de Montbrison wird im Herzen der Monts du Forez, einer Region im Norden des Massif Central zwischen Clermont-Ferrand und Saint-Etienne, produziert. Die Sommer sind dort heiss und die Winter lang und kalt mit Temperaturen die regelmässig bis auf -20° fallen. Die Zone der Hautes Chaumes (1200 - 1640 m.ü.M), dort wo das Gras für diesen Käse wächst, wird von den Nord- und Westwinden ausgetrocknet die stetig darüber hinwegfegen. In diesem rauhen Klima wächst ein reiches, mit vielen Kräutern versetztes Gras das dem Fourme de Montbrison seinen unvergleichlichen Charakter gibt. Jeder Fourme benötigt zwischen 20 und 25 Liter Milch. Sein geschmacklich unvergleichbarer milder Blauschimmel entsteht durch das Salzen beim Modellieren des Käses. Seine schöne orange Rinde entwickelt sich bei der Lagerung auf Tannenholzrinnen. Dort wird er während 8 Tagen alle 12 Stunden um 90° gedreht. Anschliessend wird er während mehrerer Wochen im Keller affiniert. Nach 8 Tagen wird er dort zum ersten Mal mit einer ganz feinen Metallnadel gestochen damit die Luft dazukann und so den Blauschimmel weckt. Nach 27 Tagen, kurz bevor er in den Verkauf gelangt, wird er ein zweites Mal gestochen damit der Blauschimmel sich wohlfühlt. Am Schluss wiegt er rund zweieinhalb Kilo. Dann schmeckt er wie kein andrer Käse nach Alpen, nach Pilzen und Nüssen, nach Wind, Heidekraut und Enzian. Am besten schmeckt er im Frühsommer, wenn die Milch nach frischem Gras duftet und im Herbst, wenn die Milch reich ist an Aromen von Kräutern und feinem Gras, das die Kühe den ganzen Sommer auf der Alp gefressen haben. Der Fourme macht sich ausgezeichnet auf einer Käseplatte aber auch in der Küche denn er hat einen wunderbaren Schmelz. Fragen Sie doch mal in Ihrem Käsefachgeschäft danach.