Freitag, 27. Februar 2009

Bio?

In meinem gestrigen Beitrag habe ich Ihnen die Frage gestellt, was Sie denn eigentlich von Produkten erwarten, auf denen Bio drauf steht. Dass der Bauer biologisch produziert? Dass dieses Produkt biologisch produziert wurde? Nach welchen Massstäben? Wer sagt, ab wann etwas biologisch ist? Haben die, die bestimmen, was uns als biologisch verkauft werden darf, überhaupt Recht? Und ich komme auf meine Frage zurück: Was erwarten SIE, wenn Sie Bio einkaufen?

Letzten Freitag war ich in Nürnberg an der BioFach. Dort habe ich festgestellt, dass Bio je länger je mehr ein Industriezweig wird, wie jeder andere. Das immer mehr, immer schneller, immer grösser scheint unausrottlich im Menschen verwurzelt zu sein. Bio ist längst nicht nur der idyllische Bauernhof. An der BioFach haben Soja-Produzenten aus China ausgestellt und Photos ihrer Plantagen gezeigt, die ich auch auf einen zweiten Blick nicht von einem konventionellen Betrieb hätte unterscheiden können. Eine biologische, da zertifizierte, Monokultur.

Das ist ganz klar nicht das, was ICH von Bio erwarte. Für mich ist der Gedanke von bio immer auch mit klein verbunden. Ich habe ein vielleicht noch naives Bild von Bio, aber Profitmaximierung hat darin ganz sicher nichts verloren. Bio soll ehrlich sein, klein, überschaubar, kontrollierbar. Mit einem gerechten Preis. Das heisst, dass der Bauer anständig davon leben können soll (was heisst anständig?). Früher hat das Budget für Lebensmittel mehr als die Hälfte des Haushaltsbudgets ausgemacht. Heute sind es weniger als zehn Prozent. Ich fände es wichtig, wenn gutes Essen wieder etwas Wert ist. Denn der Mensch ist, was er isst.

Donnerstag, 26. Februar 2009

Sinn oder Unsinn von Bio-Zertifikaten

Kürzlich hatte ich eine Diskussion betreffend den Biolabels die auf den Produkten kleben und dem Kunden die Gewissheit geben sollen, dass dort, wo Bio drauf steht auch Bio drin ist.
Ich bin der Meinung, dass solche Labels durchaus Sinn machen. Sei es die Knospe von Bio-Suisse, das Bio-Logo der Migros, von Coop oder das Demeter-Label um nur die in der Schweiz bekanntesten zu nennen. Bio ist ja ein richtiges Verkaufsargument geworden und zieht nicht nur mehr die Leute in der Müsliecke an, die mit selbstgestrickten Wollpullovern und Sandalen rumlaufen. Bio steht bald überall drauf und das aus reinen Absatzgründen damit Unfug getrieben wird versteht sich von selbst. Deshalb können solche Labels dem Kunden schon eine gewisse Sicherheit geben.
Aber! Wie überall, wo etwas zum System erhoben wird gibt es auch Systemfehler. Dazu ein kleines Beispiel. Ein Papierproduzent bekommt das FSC-Label wenn mindestens 80% seiner Produktion aus zertifizierten, nachwachsenden Holzbeständen kommen. Das heisst, er könnte neben 4 Paletten mit "sauberem" Papier durchaus auch eine Palette haben, dessen Papier aus nicht nachwachsenden Baum-Monokulturen besteht. Er darf dort das FSC-Label draufkleben. Die einen sagen, immerhin, er produziert dafür 4 Paletten nachhaltiges Papier. Die anderen sagen, ich will sauberes Papier und sicher sein, dass dort, wo FSC drauf steht auch FSC drin ist. Wer hat Recht?
Ich verkaufen zum Beispiel einen Champagner von einem Weinbauern, der seit 1971 total auf jegliche Chemie im Rebberg (und dazu zählt für ihn auch der Einsatz von Kupfer) und im Weinkeller verzichtet. Er behandelt seine Pflanzen, wenn sie mal krank sein sollten, mit homöopathischen Mitteln und, lachen Sie nicht, mit Aromatherapie. Von seinen Berufskollegen lange ausgelacht heimst er seit mehreren Jahren eine Medaille nach der anderen ein. Wenn ich diesen Winzer frage, ob er seinen Champagner nicht zertifizieren wolle, lacht er mir ins Gesicht und fragt mich, wozu? Wozu solle er Geld ausgeben, um Minimalanforderungen aus einem Pflichtenheft zu erfüllen die er schon lange übertrifft, nur um ein Label auf seine Flaschen kleben zu können. Ich sage ihm, dann könne er seine Weine besser verkaufen. Die verkaufen sich auch ohne dieses Label wunderbar, antwortet er, und das zu Preisen die wahrlich nicht günstig sind.

Schlussendlich bleibt "bio" Vertrauenssache. Meine Delikatessen und Weine sind prinzipiell nach biologischen Grundsätzen produziert. Was heisst das nun? Was erwarten Sie denn von einem biologischen Produkt? Für mich ist "bio" eine Lebenseinstellung, eine Art, sich der Natur, der Erde, den Tieren zu nähern. Für jemanden, dessen Ziel es ist, ein wirklich exzellentes Produkt zu kreieren ist es selbstverständlich, dies mit der Natur zu machen und nicht gegen sie. Ich kenne alle meine Produzenten persönlich. Ich war vor Ort und habe mir angeschaut, wie produziert wird. Habe diskutiert über das warum und wieso und kann Ihnen heute meine Produkte mit gutem Gewissen als Bio verkaufen. Bio ist so logisch, dass ich das gar nicht mehr zu erwähnen brauche. Ein paar wenige Produkte biete ich an, die (noch) nicht in Bioqualität sind. Dort vermerke ich dann: "aus konventioneller Produktion".

Ich deklarie meine Produkte nicht klar als biologisch aus dem einfachen Grund, dass der Gesetzgeber sagt, es reicht nicht, wenn ein Produkt im Ausland bio-zertifiziert wurde, der Verkäufer in der Schweiz muss es auch sein. Ich darf also ein von Ecocert in Frankreich zertifiziertes Produkt hier in der Schweiz nicht als Bio verkaufen, wenn ich mich nicht auch selber von Ecocert zertifizieren lasse. Das kostet Geld, und dieses müsste ich auf den Verkaufspreis aufschlagen. Sinn oder Unsinn?

Mittwoch, 25. Februar 2009

Seraphino Ambroisie
















Seit einer Stunde schon sass Seraphino Ambroisie neben
dieser wunderschönen Frau und er hatte noch kaum ein Wort mit ihr gewechselt. Die Stimmung war gut an diesem Samstag Abend und das Essen, na ja, schlecht war es bestimmt nicht. Etwa 50 Personen sassen an diesem langen Tisch und beugten ihre Köpfe über Teller auf denen sich fünfmal das gleiche Essen befand. Kartoffeln. Bratkartoffeln. Und in der Mitte so ein Bratling der sich gemeinhin als Vegiburger bezeichnet. Und diese Leute, die voller Ernst die Bratkartoffeln aus fünf verschiedenen Sorten degustierten, verglichen, wieder degustiereten und Noten verteilten. Von rechts schwebte ein sanfter Parfumduft hinüber. Wie konnte man sich da konzentrieren. Er hörte ihr ansteckendes Lachen wenn Sie mit ihrem Mann und dem Freundespaar, das ihr gegenüber sass, diskutierte. Kerzen. Kerzen fehlten auf diesem Tisch der lediglich mit Kartoffelknollen dekoriert war!

Seraphino nahm einen Schluck Rotwein und besann sich einen Moment. Das Leben hatte die Karten verteilt. Jetzt ging es darum, das beste aus der Situation zu machen. Wer sagt denn, das eine Kartoffeldegustation nicht auch sinnlich sein kann? Lustvoll stach Seraphino Ambroisie seine Gabel in die knusprigen Bratkartoffeln, zart schmelzend liess er den Kartoffelpurée auf seiner Zunge zergehen und ohne jeglichen Hintergedanken pellte er die Kartoffeln aus ihrer Haut. Und ganz langsam öffnete sich die Dame zu seiner rechten. Er hatte Eingang gefunden in ihren vertrauten Kreis. Seraphino fühlte sich wohl, genoss die angeregte, wie Champagner perlende Unterhaltung, fühlte sich hingezogen zu dieser schönen Frau mit ihrem weichen Körper, dem strahlenden Augenpaar. Manchmal findet man den Himmel auf Erden, dachte er, wie ein kleiner Augenblick der Ewigkeit.

Dienstag, 24. Februar 2009

Etwas mehr ...

In einem meiner Beiträge bin ich der Frage nachgegangen, was unsere Eltern wohl gemacht haben, wenn sie was Feines essen wollten. Fine food, Sélection & Co. gab ja zu dieser Zeit noch nicht. Eine interessante Antwort auf diese Frage habe ich letzthin in einem Buch gelesen. Das Buch heisst: "Lies und werde reich", geschrieben wurde diese Sammlung von Kurzgeschichten von Al Imfeld und erschienen ist's im Rotpunktverlag. Imfeld beschreibt in einer dieser Geschichten vier bodenständige Entlebucher die am Stammtisch sassen und über Gott und die Welt diskutierten. Dabei kamen sie auch auf das Weihnachtsessen zu sprechen, wie das anno dazumal noch war. Also hier vorweg: Es gab kein Filet Wellington und keine Gänseleber. Es gab keinen Bordeaux und kein Vanilleglacé zum Dessert. Es gab einfach etwas mehr. "Etwas mehr Zucker, ein paar Kaffebohnen mehr, ein bisschen mehr Butter, ein Stück Brot extra - das war Weihnachten."
Das heisst ja nicht, das wir jetzt unseren Wohlstand negieren sollen und uns in Enthalsamkeit üben. Aber ich denke, einfach mal kurz darüber nachzudenken, uns vorzustellen, wenn wir nächste Weihnachten Ghackets mit Hörnli im Teller haben, einfach etwas mehr als normal, das wäre schon sinnvoll. Innezuhalten und sich bewusst zu werden, in welchem Überfluss wir leben. Welche Auswahl wir haben. Sich zu überlegen ob ich das überhaupt brauche?
Auch wenn Weihnachten noch weit ist, die Fastenzeit beginnt morgen und hat, ob man gläubig ist oder nicht, etwas in diesem Sinne. Warum nicht also einfach mal 40 Tage bewusster essen? Vielleicht auch weniger? Ich bin sicher, Sie geniessen es.

Montag, 23. Februar 2009

Gut Ding ...

... will Weile haben. Was bei Wein und Delikatessen gilt soll auch hier im Blog gelten. Nach einem länger als gedacht dauernden Unterbruch geht's heute, genau einen Monat später, wieder weiter.

Viel ist passiert, in den letzten vier Wochen. Ich war mit meiner Familie eine Woche auf Amrum. Das ist eine kleine Insel in der Nordsee ganz im Norden, unweit der Grenze zu Dänemark. Wir haben uns den Wind um die Ohren wehen lassen, sind stundenlang den Strand entlang gelaufen (der dort bis zu zwei Kilometer breit ist!) und haben feinste Friesenwaffeln mit Pflaumenmus und Schlagrahm gegessen.
Dann waren meine Schwiegereltern aus Frankreich bei uns zu Besuch. Wir waren unter anderem auch in Einsiedeln und haben in einem Goût-mieux-Restaurant zu Mittag gegessen. Meine Schwiegereltern waren etwas erstaunt. Sie hätten nicht gedacht, dass die dem Konzept zugrundeliegenden Ideen überhaupt ein Thema sein könnten, geschweige denn das dies profitabel umgesetzt werden könne. Das Essen hat ihnen aber sehr gemundet und sie fanden die Idee schlussendlich gar nicht so abwegig ...

Gemundet hat mir das Essen am letzten Samstagabend. Ich traf mich nämlich mit vielen Mitgliedern des slow food-Conviviums Aargau-Solothurn zum nationalen Härdöpfeltestessen. Getestet wurden fünf verschiedene Pro-Specie-Rare-Sorten. Einmal als Bratkartoffeln, einmal als Kartoffelstock und einmal als Gschwellti. Dieser Abend war sehr entspannend und hat mir nach dem anstrengenden Freitag echt gut getan.
Am Freitag war ich nämlich an der BioFach in Nürnberg. Ich glaube, man kann ohne zu übertreiben sagen, das dies die weltweit grösste Messe für biologische Lebensmittel ist. Ich war natürlich dort um interessante Produkte für meine boutique gourmande zu finden und mit Produzenten zu diskutieren. Und gefunden hab ich tatsächlich zwei, drei wirklich erstklassige Produkte. Von kleinen Produzenten, hergestellt mit grösstem handwerklichem Können und mit viel Liebe und Sorgfalt. Wenn Sie jetzt gerne wissen möchten, was für Produkte denn das sind muss ich Sie leider noch ein wenig vertrösten. Warten Sie auf meinem Frühlingskatalog, der Ende März, Anfangs April erscheint und lassen Sie sich überraschen. Gut Ding will eben Weile haben ...